von Waltraud Grünbauer

Nachdem ich letztes Jahr im Bergell wandern war und auf dem Heimweg zum ersten Mal das Oberengadin gesehen habe, stand für mich fest, dass ich 2017 am BFK (Breitenförderungskurs) in Samedan teilnehmen werde, um diese eindrückliche Gebirgswelt aus dem Segelflieger kennen lernen und geniessen zu können.

Am 19. Juni um 10:00 Uhr LT beim C-Büro auf dem Engadiner Airport in Samedan (Bild 01) ging es los. Während die Hitzewelle über Basel rollte und dort fleissig geschwitzt wurde, haben wir uns mit Hilfe von Vorträgen über Hangfliegen, Flug in der Thermik, menschliches Leistungsunvermögen, Sauerstoffbedarf und anderen wichtigen Themen auf die Flüge am Nachmittag bei herrlichem Wetter und erträglichen Temperaturen vorbereitet (Bild 02).

Bild 01

Bild 01: Blick auf den Engadiner Airport von Piste 21 aus.

Bild 02: Aufstellung der Segelflieger auf Piste 21

Bild 02: Aufstellung der Segelflieger auf Piste 21

Nach den Vorträgen folgten die detaillierten und informativen Wetterprognosen von Max Lamm (Club svoul a vela Muottas). Ich habe sein pragmatisches Werkzeug bewundert, das alle modernen „apps“ schlägt (Bild 03). Von Max haben wir gelernt, dass Meteo-Vorbereitung nützlich ist, aber es meistens anders kommt als geplant … . Sein Quiz am Ende seiner Präsentation hat uns mit den lokalen Gegebenheiten vertraut gemacht und immer ein Lachen oder Schmunzeln ausgelöst. Auch die Aussenlande-Felder, von denen wir einige an den Regentagen besichtigt haben, und ihre Besonderheiten wurden von ihm vorgestellt.

Bild 03: weather forecast stone

Bild 03: weather forecast stone

Im der ersten Woche lies ab und zu der Malojawind auf sich warten und der Windsack pendelte unschlüssig hin und her. An einem solchen Tag haben wir dreimal die Piste gewechselt, was einen ziemlichen Aufwand bei einer Pistenlänge von 1.8 km bedeutete. Ein Teil des Teams hatte sich entschieden – wir bleiben und warten bis der Wind wieder wechselt (Bild 04) und hatte damit Erfolg. Eine wichtige Regel für den Segelflug hat sich bewiesen – Geduld und Beständigkeit zahlen sich aus.

Bild 04: Warten auf den Malojawind

Bild 04: Warten auf den Malojawind

Diese zwei Eigenschaften waren auch an manchen Tagen notwendig um über die beiden Hänge, Muottas Muragl und Crasta Mora, nach oben zu kommen und über den Gipfeln einen Aufwind mit Steigwerten von 3 und mehr Metern zu finden. Domenic (Bild 05) diente dabei als Vorbild, dem es zu folgen galt.

Bild 05: Domenic und Paul beim Genuss-Fliegen

Bild 05: Domenic und Paul beim Genuss-Fliegen

Bei meinem ersten Flug mit Andy (Duppenthaler), hatte ich mit der ungewöhnlichen Nähe zu Felsen und Hängen zu kämpfen, aber Andys Ruhe und sein „das kommt gut“ auf meine Fragen, ob wir immer noch genug Abstand zum Berg haben, erleichterten die Gewöhnung und bei den darauffolgenden Flügen wurde es mehr und mehr eine Selbstverständlichkeit. Die atemberaubende Sicht über das Panorama hat mich teilweise sprachlos gemacht und ich habe den Blick aus dem Segelflugzeug beim Thermikkreisen genossen (Bild 06).

Bild 06: Thermikkreisen über der Berninagruppe

Bild 06: Thermikkreisen über der Berninagruppe

Die zweite Woche startete mit einem herrlichen Tag und klarer Sicht, bei dem man bis ins Rheintal sehen konnte. Jeder Teilnehmer ist mit glänzenden Augen aus dem Flieger gestiegen und hat von der wunderbaren Sicht geschwärmt und davon, wie einfach es doch sein sollte, nach Hause zu fliegen (Bild 07).

Bild 07: Eine einzigartige Sicht über das Oberengadin und weiter …

Bild 07: Eine einzigartige Sicht über das Oberengadin und weiter …

Die folgenden Tage waren sehr wechselhaft aber fliegerisch interessant. Zum ersten Mal bin ich in einer Welle geflogen. Ein unbeschreibliches Gefühl. Bei niedriger Fahrt trug die Welle das Flugzeug ruhig immer höher und höher und mit feinen 45° Bewegungen versuchte ich der Welle zu folgen. Als sich die Bewölkung mehr und mehr verdichtete, sind wir mit gezogenen Bremsklappen und hoher Fahrt durch das Wolkenfenster Richtung Flugplatz gesteuert. Sehr eindrücklich, wie schnell sich die Wolkendecke schliessen kann …. Bei diesem Flug haben wir auch die berühmte Maloja-Schlange gesehen, wie sie sich langsam ins Tal bewegte und dort auflöste (Bild 08).

Bild 08: Blick auf die Maloja-Schlange

Bild 08: Blick auf die Maloja-Schlange

An den weiteren Tagen versuchten die Instruktoren mit detektivischem Spürsinn auch bei ungünstigen meteorologischen Bedingungen jede mögliche Thermik zu finden (Bild 09). Aber manchmal mussten sie sich geschlagen geben und die regnerischen Tage wurden zur Windenschulung, zu Umschulungen und Besichtigung der Aussenlandefelder genützt.

Bild 09: Wo hat sich die Thermik versteckt ?

Bild 09: Wo hat sich die Thermik versteckt ?

Der viele Regen hat dann den Rasen um die Piste 21 in ein Biotop verwandelt, und schon bald hat sich eine neue Tierart, die BFK 2017-Ente, dort angesiedelt (Bild 10) und neben Bartgeier und Adler zur Artenvielfalt des Oberengadins beigetragen.

Bild 10: BFK 2017 Ente in der erweiterten Engadiner Seenplatte

Bild 10: BFK 2017 Ente in der erweiterten Engadiner Seenplatte

Natürlich konnte der Regen unsere Motivation nicht beeinträchtigen und wir haben die Flieger und uns gekonnt zwischen der Erweiterung der Engadiner Seenplatte bewegt. Auch der Schnee, der am Donnerstag gefallen ist, konnte uns nicht stören. Wie wir von Christine, der Fluglehrerin vom Club svoul a vela Muottas, am Vortag erfahren haben, schützt eine Schneeschicht die Gletscher vor dem Schmelzen. Die weisse Decke liegt über den braunen Schichten des Sahara Staubes, der in das Engadin getragen wird, und verhindert so die Erwärmung und das Abschmelzen. Allerdings war es notwendig, die richtige Kleidung im Segelflugzeug zu tragen (Bild 11).

Bild 11: Segelfliegen im Oberengadin nach Schneefall

Bild 11: Segelfliegen im Oberengadin nach Schneefall

Zu einem längeren Flug kam es am letzten Tag leider nicht mehr, da die Regenfront so schnell heranrückte, dass wir in Windeseile die Flugzeuge in die Anhänger geräumt haben. Wie die ganzen zwei Wochen haben wir dabei als Team gut zusammengearbeitet und alles beizeiten verräumt.

Neben den unvergleichlichen und unvergesslichen Eindrücken und den Herausforderungen des Segelfliegens in den Alpen, war die Gemeinschaft mit den anderen Piloten eine echte Freude und Bereicherung. Wann kann man schon mit anderen Begeisterten nur über das Segelfliegen reden und Tipps austauschen, wo man Landen kann, falls die nächste Thermik nicht wie gewünscht auftaucht und was die besten Hilfsmittel für Wetterprognosen und Flugplanung sind. Ich habe jedenfalls viele Anregungen mit nach Hause genommen.

So kann ich euch nur empfehlen am nächsten BFK in Samedan teilzunehmen. Ihr müsst auch keine Bedenken wegen fehlender Aussenlandefelder haben. Unsere Gruppe hat den Instruktoren, als Dank für die zwei Wochen, ein mobiles Aussenlande-Feld geschenkt und ich bin mir sicher, dass sie es euch gerne bei Bedarf überlassen (Bild 12). Ob sie auch das Bier für eine gelungene Landung spenden, weiss ich allerdings nicht.

Bild 12: Mobiles Aussenlandefeld für Samedan

Bild 12: Mobiles Aussenlandefeld für Samedan

Nochmals vielen Dank an die Instruktoren, an alle anderen Teilnehmer und an all die guten Geister vom Engadin Airport, die für die Infrastruktur sorgten, und nicht zu vergessen Georg Krenger. Es waren unvergessliche Tage.