… zweiter Teil (erster Teil siehe Bericht von Heinz);

Bei der GV im Frühling erzählte Domenic, dass er plant, im August für eine Woche ins Segelfluglager nach Münster zu gehen. Nach einem kurzen Check meines Kalenders war ich dabei und ein wenig später haben auch Andreas (Widmer) und Georg (Holderied) zugesagt.

Also eine Unterkunft für uns drei besorgt, Domenic hat den Duo beim Vorstand beantragt und das „okay“ bekommen – und dann ging es am Samstag, den 10. August Richtung Münster. Zwar hatte die Wettervorhersage nicht sehr viel Positives zu berichten, aber wir drei waren guten Mutes – wir hatten ja Domenic als Fluglehrer dabei.

Am Sonntag, nach dem Briefing um 10:00 LT auf LSPU (Flugplatz Münster) und kurzem Blick zum bewölkten Himmel, beschlossen wir, auf alle Fälle zu Fliegen. Wir waren uns einig, dass es bei der heutigen Wetterlage schon ein schönes Tagesziel wäre, wenn wir drei starten und abgleiten könnten. Wegen der Wettervorhersage waren anscheinend die anderen Piloten schon nach Hause gefahren und wir hatten den Flugplatz und den Schlepppiloten mit Schleppflugzeug, einer Maule, für uns alleine – was für ein Luxus (Foto 01).

Foto 01: Eine ganze Piste nur für uns und den Duo.

Ich war die letzte an diesem Tag und startete 15:03 LT …. und hatte Glück!!! Auch wenn die Wetterlagen nicht ideal für eine Welle war, fanden wir „wellenähnliche“ Aufwinde und bewegten uns über über Stunden entlang der Berghänge und testeten aus, wo wir das beste Steigen hatten. Ganz sanft und kontinuierlich trugen uns die Aufwinde höher und höher und wir bewegten uns entlang der freien Linien zwischen den Wolken (Foto 02) – einfach unglaublich und wunderschön. Ich war mir sicher, dass dies der beste Tag dieser Woche ist. Mehr hat das Segelfliegerleben nicht zu bieten.

Foto 02: Wellenflug zwischen Wolkenfelder und Wolkenschichten (im Hintergrund das Finsteraarhorn)

Während des Fluges fragen uns die Bodencrew, wie es uns geht. Sie konnten kaum glauben, dass wir uns halten konnten. Nach fast vier Stunden wurde es uns aber dann langsam kalt und wir beschlossen, Landen zu gehen. Irgendwie hatten wir wohl einen „Riecher“, denn wir konnten den Duo gerade in den Hangar schieben, bevor ein Gewitter auf den Platz niederging. Soweit zum Wetter in den Alpen ….

Der Regen hielt sich über den Montag und wir beschlossen, das Wasserkraftwerk der KWO (Kraftwerke Oberhasli AG) am Grimselpass zu besuchen. Dort lernten wir, warum eine neue Stauwand gebaut wird, dass es innerhalb des Verbundes von Seen einen Aufzug für Fische gibt und dass bei den Ausbrucharbeiten eine Kristallkluft entdeckt wurde, die auf rund 16 Millionen Jahre geschätzt wird und erst nach der Fertigstellung des Kraftwerks erschlossen wurde (Foto 03). Andreas und Georg interessierten sich vor allem für die riesigen Turbinen …

Foto 03: Blick in eine der ausgestellten Bereiche der Kristallkluft Gerstenegg

Auf dem Rückweg haben wir dann die Dampfbahn Furka bewundert, die von Mitte Juni bis Anfang Oktober von Oberwald über Gletsch nach Realp (Kanton Uri) und zurück auf einer meterspurigen Zahnradstrecke fährt. Sie wird mit Hilfe von Freiwilligen – unter anderem eines früheren Fluglehrers – in Stand und am Fahren gehalten (Foto 04). Wir diskutierten, dass eine Fahrt mit der Dampfbahn sicherlich eine guten Alternative wäre, falls wir in dieser Woche nochmals am Boden bleiben müssen und blieben noch ein bisschen in den behaglichen Abteilen der 1. Klasse sitzen, um den Duft der Vergangenheit zu geniessen. Ja Reisen was damals noch etwas ganz anderes ….

Foto 04: Die Dampflok, die mit viel Aufwand und Liebe restauriert wurde .

Am Dienstag war die Wetterlage ab Mittag besser und vorsichtshalber hat uns Domenic in den Gebrauch des Motors eingewiesen, auch wenn wir ihn letztendlich nicht gebraucht haben. Das Thema des heutigen Tages war „Hangfliegen“ und es machte riesig Spass. Von oben haben wir eine Karawane von Ferraries bewundert, die sich am Pass entlang schlängelten, Lawinenabsperrungen begutachtet, die heimischen Ziegen und Schafe kennengelernt, und sogar ein paar Hirsche gesehen, die am Abend meistens am gleichen Platz äsen … Ich war vor allem mit Fliegen beschäftigt und damit, das dreidimensionale Bild der Luftbewegungen, das Domenic mir beschrieb, zu verstehen.

An diesem Tag war das Wetter nicht für einen Flug zum Matterhorn geeignet, aber ich konnte es von Weitem sehen (Foto 05). Bei diesem wunderbaren Anblick habe ich mir gedacht, wie schön es doch wäre, wenn ich es beim nächsten Mal von Nahem betrachten könnte. Die Piloten am Boden haben jedenfalls davon geschwärmt und uns ihre Geschichten erzählt.

Foto 05: Das Matterhorn als Ziel für die nächste Saison …

An den restlichen Tagen war das Wetter durchwachsen, aber Domenic hat es fertig gebracht, dass wir drei jeden Tag fliegen konnten. Jeder unserer Flüge war wunderschön und wir konnten uns an den Gletschern nicht satt sehen. Wir haben den Rhonegletscher, den Furka- und Grimselpass gesehen und das Finsteraarhorn wurde mir zum vertrauten Orientierungspunkt. Wir haben über unsere Erlebnisse in Samedan gesprochen und den Vortrag, den Christine Levy dort über Gletscher gehalten hat und über die Frage diskutiert: „Wie weit muss der Gletscher Ende August mit Schnee bedeckt sein, dass er in diesem Jahr nicht kleiner wird?“

An den schönen Tagen waren auch einige Gleitschirmflieger mit uns in der Luft und wir haben sie immer gut im Auge behalten. Als Domenic und ich in einem Aufwind am Kreisen waren, kam über Funk ein Ruf, dass einer der Segelflugpiloten einen Gleitschirm abstürzen gesehen hat. Die ungefähre Absturzstelle wurde beschrieben und ich war sehr beeindruckt, wie sofort alle zusammen versucht haben, den verunfallten Piloten zu orten. Wir sind über der vermutlichen Absturzstelle gekreist und konnten dann nach einiger Zeit einen Schirm sehen und etwas später, dass sich der Pilot bewegte. Über das Mobiltelefon hat Domenic die Behörden kontaktiert und erfahren, dass die REGA schon informiert ist. Später erzählte man uns, dass glücklicherweise dem Piloten nicht viel passiert ist. Allerdings war die Absturzstelle sehr steil, und um einen weiteren Unfall zu verhindern, wurde er vom REGA Hubschrauber sicher aus dem Gebiet gebracht.

Die ganze Woche war voller Erlebnisse. Es war einfach wunderbar, das Panorama des Obergoms im Wallis von oben zu betrachten und mit Domenic, der viele Geschichten über die Gegend kennt, diese Landschaft zu erkunden (Foto 06).

Foto 06: Einer der vielen Ausblicke auf das wunderschöne Panorama.

Langsam ging die Woche dem Ende zu, aber ein weiteres Highlight wartete auf uns – der Flug über den Aletschgletscher, dem flächenmässig grössten und längsten Gletscher der Alpen. Es geht etwas Erhabenes von diesen Zeitzeugen der Vergangenheit aus etwa so ähnlich, wie wenn man in den Sternenhimmel blickt.

Wir konnten sehr weit in den Gletscher hineinfliegen und den Konkordia Platz (Foto 07), sowie die Hütte sehen. Damit man sie betreten kann, wird die Leiter immer wieder verlängert, um das Schwinden des Gletschers auszugleichen.

Foto 07: Aletschgletscher mit Konkordia Platz

Auch an diesem Tag war ich die Letzte in der Runde und währen unseres Fluges verschlechterte sich das Wetter und die Wolken mit Schnee kamen immer näher und wenn man ganz aufmerksam hingehört hat, konnte man den Schnee sogar hören.

Plötzlich wurde die Stille durch ein klingelndes Mobiltelefon gestört. Man konnte uns nicht über Funk erreichen und die „Bodenstation“ meldete „Regen in 20 Minuten“. Domenic checkte nochmals die Wetterdaten und dann beschlossen wir, nicht noch einmal das Glück herauszufordern und landen zu gehen.

Dieses mal blieb es über dem Flugplatz trocken (Bild 08). Aber wir waren doch froh, am Boden zu sein und wurden mit einem wunderbaren Regenbogen belohnt.

Foto 08: Der Regen breitet sich rundherum aus und der Flugplatz bleibt trocken.

Viel zu schnell war die Woche vorbei und nachdem Andreas und ich bei unserem jeweils letzten Flug noch einmal die Schönheit des Panoramas, inklusive Matterhorn, genossen haben, hatte Georg das grosse Los gezogen und flog mit Domenic zurück nach Schupfart (Foto 09).

Am Vormittag hatte uns Domenic erklärt, wie seine geplante Flugroute aussieht und er war etwas skeptisch, bei der vorausgesagten Wetterlage.

Es wundert wohl niemanden, dass Andreas und ich die Nachricht über die Ankunft über LSZI von Domenic per SMS erhalten haben, als wir beide uns noch in der zähen Autoschlange nach Basel quälten. Ja, es geht wohl nichts über Fliegen ….

Foto 09: Auf dem Rückflug nach Schupfart …

Andreas, Georg und ich bedanken uns sehr herzlich bei Domenic, der uns das Obergoms nahe gebracht hat. Vielen Dank auch an die Schlepppiloten und die anderen Segelflug-Piloten, die uns nette Gesprächspartner waren und mit denen es wunderbar war, Erlebnisse auszutauschen. Vielen Dank auch an Georg Krenger, der – wie in Samedan – der gute „Segelflieger“ Geist des Flugplatzes ist. Es war einfach unvergesslich.

p.s. Wer sich für das Segelfluglager Münster interessiert, sollte die Webpage besuchen. Dort gibt es mehrere Videos, unter anderem einen Flug entlang des Aletschgletschers.