Eine Woche nach dem „Useruume“ war es soweit! Der Duo und die LS4 standen in Ettingen bei Sämi Lerch abfahrbereit vor dem Haus. Und ich wartete in Basel auf Gabriela, welche mich Richtung St. Crépin chauffieren sollte. Die Vorfreude auf einen fulminanten Start in die Saison 2016 war riesig, obwohl sich auch gewisse Zweifel bemerkbar machten. Das erste Mal im Ausland fliegen, dazu noch in den Alpen und das Ganze schon Ende März. Ich war froh zu wissen, dass mit Sämi und Andi Lerch zwei erfahrene Flieger vor Ort sein würden, die mir beim Erfliegen der südfranzösischen Alpen unterstützend unter die Flügel greifen konnten, nachdem ich 2015 meine ersten Flüge überhaupt in den Alpen erleben durfte. Ein Lager (BFK Samedan) das ich übrigens wärmstens empfehlen will, und welches dieses Jahr leider unter Mangel an SGBF Teilnehmern leidet.

Nun fuhren wir also, an diesem wunderbaren Frühlingstag, Richtung Frankreich ins 5. Departement (PACA – Provence/Alpes/ Côte d‘Azur), welches sich entlang der Durance an die italienische Grenze schmiegt und im Süden an die Alpes de haute Provence stösst. Nach ca. 9-stündiger Fahrt, bezogen Gabriela und ich unsere Wohnung mitten im Dorfkern, direkt unterhalb der Kirche und der Mairie gelegen.

Kirche

Das Haus, welches noch aus alten Zeiten stammt, als dicke, kalte, steinerne Mauern und die Abwesenheit von Zentralheizungen üblich waren, präsentierte sich aufgeräumt und gemütlich eingerichtet, inklusive Cheminée. Dieses wurde des Öfteren voller Freude eingeheizt und als Fernseher oder einfach nur Wärmespender genutzt. Nach einem guten „Znacht“ bei  der Familie Lerch und erholsamem Schlaf ging es am nächsten Morgen los. Jeweils um 1100h fand das von der Flugplatzcrew LFNC organisierte Briefing statt, welches über die Wetterlagen, Freuden und Gefahren und Geheimtipps der Locals informierte. Nach diversen, euch allen bekannten Vorbereitungen, verabschiedeten sich Gabriela und Barbara Richtung Flugschule und wir zogen unsere zwei Flieger an den Start.

Duo Discus

Ich durfte im vorderen Sitz des Duo Platz nehmen, um mit Sämi meinen ersten Flug, den Checkflug der Saison, zu absolvieren. Trotz ungewohntem Flieger gelang ein passabler Start und wir wurden an den Prachaval, der noch auf Hochglanz zu polierende Hausberg von St. Crépin und Startfels für unvergessliche Flüge, geschleppt. Bereits am ersten Tag konnte ich einen beträchtlichen Teil, welchen ich auch noch alleine erfliegen werde, kennen lernen. Da ich mich noch etwas unsicher fühlte, hatte ich das grosse Vergnügen weitere drei Tage mit Sämi fliegen zu dürfen. Um die Gegend vom Flugplatz via Risoul und Morgon nach Barcelonette wie auch via Peyron zum Glacier Blanc et Noir und Briançon, von wo aus man die drei Vauban Festungen aus der Luft betrachten kann, zu erkunden. Es war der Wahnsinn und ich konnte im grossen Stil von Sämis 25 Jahren St. Crépin-Flugerfahrung profitieren, danach fühlte ich mich so sicher (wie möglich), dass der arme Andreas die LS4 nicht mehr von innen sehen sollte.

LS4

Bereits am Mittwoch der ersten Woche kam für mich der Höhepunkt des Lagers. Ich startete mit der 8F Richtung Norden auf der Piste 34 und wurde um die Kante des Freissinières geschleppt. Die anfängliche Nervosität verflüchtigte sich sofort nach dem Klinken und ich drehte in den ersten Hangaufwind ein. Das erste Mal Solo in den französischen Alpen in unbekannter Gegend und es stieg stetig. Nach einer Weile Hangfliegen und Übergang zum Thermikkreisen, stolperte ich sozusagen in eine kleine Welle zwischen Freissinières und Peyron. Nun war mein Tag schon beinahe komplett. Doch es sollte noch besser werden, denn mit ein wenig radiotelefonischer Unterstützung und Tipps von der Bodenfunkstelle Sämi, welcher leider aufgrund einer Hexe gegroundet war und aus dem Liegestuhl unser Flüge beobachtete, wie auch durch motivierende Ausrufe von Andreas aus dem Duo à la: „5700m, vive la France!“ durfte auch ich noch in die Welle einsteigen. Nach ein wenig Ringen mit den Elementen konnte ich meine 3000m verlassen und auf 5200m steigen. Darüber will ich mich nun nicht weiter auslassen, jene welche es schon kennen, wissen wovon ich rede und alle andern dürfen sich auf grossartige Momente in ihrer Segelfliegerkarriere freuen.

Welle

Am Donnerstag legten wir dann aufgrund des Wetters und anstrengender Flugtage eine Pause ein und besichtigten die Aussenlandemöglichkeiten in der weiteren Umgebung. Jeremy vom Flugplatz hat für den Segelflugverband von Frankreich sensationelle Arbeit geleistet und einen Aussenlandekatalog angefertigt, der nichts zu wünschen übrig lässt. Dieser ist für uns „Ausländer“ eine super Unterstützung und trägt, richtig eingesetzt zur Sicherheit im Alpenflug bei. Ich durfte bei diesen Begehungen auch noch viele wertvolle Tipps von Sämi und Andi vernehmen, welche mir bei den folgenden Flügen stets ein Vertrauen vermittelten, welches ich ohne diese Aussenlandemöglichkeiten nicht gehabt hätte.

In den folgenden Tagen konnten wir noch manch wunderbaren Flug über das ganze Spektrum, vom Prachaval polieren, bis in die Welle fliegen, erleben.

Abgesehen davon gibt es in der Region sehr viele interessante Dinge zu tun und zu bewundern. Dies beginnt mit der Legende von Guillaume und dessen ausgestellter Hand, geht über warme Quellen, welche heilende Wirkung versprechen (Infos bei Gabriela) und wunderbare Gebilde bauen, bis zu Bauernmärkten oder Städtebummeln. Man könnte die Gegend auch wandernd oder auf schönen Trails mit dem Bike erkunden, wie auch in riesigen Skigebieten ein paar Schwünge in den Schnee zeichnen.

sc7

Ich kann euch einen Aufenthalt in St. Crépin nur wärmstens empfehlen.

Vielen Dank an Sämi, der sich als Fluglehrer zur Verfügung stellte und Regine welche uns des Öfteren Verköstigte! Was gibt es besseres als nach einem unbeschreiblichen Flugtag an einen gedeckten Tisch zu sitzen und mit Freunden zu Fachsimpeln!

Ich freue mich bereits auf den Saisonstart 2017. Vive la France!

David Schlumpf